Die zweite Geburt

Mein persönlicher und detaillierter Bericht über die Geburt meines Sohnes und zweiten Kindes. Ohne Horror - mit viel Liebe :-)


Die Schwangerschaft mit Julian war unkompliziert wenngleich viel anstrengender als bei Hannah weil ich nun ja auch noch ein Kleinkind zu Hause habe das meine volle Aufmerksamkeit fordert. Ich war daher gegen Ende der Schwangerschaft bereits sehr genervt und am Ende meiner Geduld aber auch meiner Kräfte angelangt. Ich hatte ab der 32. Woche wieder mit den Hypno-Birthing Übungen sowie dem Hören der Affirmationen begonnen und fühlte mich gut vorbereitet und vor allem bereit für die Geburt.

 

Da ich bereits seit Tagen immer wieder Wellen hatte (in einer Nacht sogar über 2 Stunden, sodass ich bereits dachte es geht richtig los aber es war wieder einmal ein Fehlalarm) war ich am Sonntag, 29.11. schon sehr verzweifelt und heulte eine Runde um meinem Frust Luft zu machen.

 

Ich ging gegen 23 Uhr schlafen. Um 3 Uhr früh kam Hannah zu uns ins Bett und konnte nicht mehr richtig in den Schlaf finden. So ging das in etwa eine Stunde als ich um kurz nach 4 Uhr ein „knacken“ in meinem Bauch vernahm und merkte, dass Fruchtwasser ausrann. Die Blase hatte sich geöffnet. Ich sprang aus dem Bett und sagte zu Armin, dass ich soeben einen Blasensprung hatte. Ich ging ins Bad um mich sauber zu machen und trocken zu legen aber da kam schon fast kein Fruchtwasser mehr, was mich zu der Annahme brachte, dass das Köpfchen bereits tief im Becken lag und daher nach unten hin abdichtete. Da sich bisher keine Wellen eingestellt hatten und ich das Baby gut spüren konnte beschloss ich, mich nochmals ins Bett zu legen und Kraft zu schöpfen da ich mir sicher war, dass die Geburt bald starten würde. Ich war freudig aufgeregt aber auf eine ruhige, zuversichtliche Weise.

 

Nur ca. 15min später spürte ich bereits die erste Welle. Schlagartig erinnerte ich mich wieder daran, wie diese sich anfühlen. Ich wartete einige Wellen ab bevor ich zum Handy griff und mithilfe einer App die Abstände sowie Wellenlänge maß. Fazit: Die Wellen kamen in regelmäßigen Abständen von 4-5 Minuten und eine Welle dauerte im Schnitt 50 Sekunden. Ich hatte keinen Zweifel mehr: es ging los! Juhu!

Ich beschloss daher telefonisch mit meiner Hebamme Rücksprache zu halten wie wir weiter vorgehen. Da ich mich sehr gut fühlte und die Wellen auch noch kürzer als eine Minute dauerten beschlossen wir gemeinsam, dass wir noch zu Hause bleiben und uns entspannen sollten. Wenn die Intensität sich nicht verändert, sollten wir um 8 Uhr ins Geburtshaus zur Kontrolle kommen, sollten die Wellen an Intensität und Länge zunehmen, sollte ich mich erneut melden.

 

Ich ging somit wieder ins Bett und schaltete meine Hypno-Birthing Entspannungsmusik ein, die ich in der Schwangerschaft so oft gehört hatte. Armin und Hannah versuchten ebenfalls zu schlafen, waren jedoch beide durch die Geschehnisse so wach, dass wir nur gemeinsam im Bett kuschelten. Ich begann jede Welle damit, mir eine Affirmation im Kopf vorzusagen und nutzte die Wellenatmung. Es klappte wunderbar und ich war sehr entspannt.

 

Gegen halb 6 Uhr früh nahmen die Wellen an Fahrt auf und ich fühlte, dass es Zeit war ins Geburtshaus aufzubrechen. Armin rief seine Eltern an, die 15min später bei uns waren um sich um Hannah zu kümmern. Ich musste die Wellen mittlerweile auf allen Vieren veratmen und wollte mich dabei bewegen.

Um exakt 06:07 Uhr rief ich meine Hebamme von der Garage aus an und teilte ihr mit, dass wir uns nun auf den Weg ins 45min entfernte Geburtshaus machen würden.

 

Während der gesamten Autofahrt hörte ich weiterhin die Entspannungsmusik (über Noise-Cancelling Kopfhörer) und sagte mir weiterhin am Beginn jeder Welle eine Affirmation vor. Die Autofahrt empfand ich als sehr unangenehm weil es mir kaum möglich war, mich zu bewegen, ich dazu aber einen sehr großen Drang verspürte.

 

Um kurz vor 7 Uhr früh endlich im Geburtshaus angekommen, beschlich mich ein übler Verdacht, der sich kurz danach auch bestätigte. Meine Hebamme teilte mir mit, dass der Geburtsraum bereits von einer anderen Frau belegt war und ich somit in einem der Wochenbettzimmer das Baby gebären müsse. Ich war kurz enttäuscht, weil ich mich schon so auf die warme Badewanne und die Wassergeburt gefreut hatte. Im selben Moment schoss es durch meinen Kopf: „ich bin bereit, für jede Wende die meine Geburt auch nehmen mag“. Ich arrangierte mich also mit dem Gedanken und verabschiedete mich im Geiste von der Wassergeburt.

 

Im Wochenbettzimmer angekommen richteten wir uns erstmal gemütlich ein. Das Licht wurde gedimmt und Armin schaltete sofort die Entspannungsmusik wieder ein. Mir wurden Getränke gebracht und ich versuchte wieder in meinen Rhythmus zu kommen.

Meine Hebamme kontrollierte wie weit der Muttermund bereits geöffnet war und ich stellte zur meiner Überraschung fest, dass wir bereits bei 6cm angekommen waren.

 

Anschließend machte die Hebamme ein CTG und stellte fest, dass die Herztöne ein klein wenig nieder waren aber noch im Rahmen. Ich war mir aber sicher, dass diese sofort wieder besser werden würden wenn ich erst in meiner Mitte war und so war es auch.

 

Ich verbrachte die meiste Zeit im 4-Füßler-Stand vor dem Bett. Ich musste nun bereits bei jeder Welle kräftig mittönen und mich sehr konzentrieren.

Nur kurze Zeit später nahmen die Wellen nochmals an Intensität zu und ich hatte kaum noch Kontrolle über das was ich tat. Mein Körper arbeitet wie von selbst. Nach jeder Welle erinnerte Armin mich daran ruhig zu atmen und die angespannten Regionen aktiv zu entspannen. Er massierte auch ab und zu meinen Rücken und gab mir zwischen den Wellen zu trinken. Kurzum: er war der perfekte Geburtsbegleiter.

 

Kurz darauf wurde mir kurzzeitig furchtbar übel (das kannte ich bereits von Hannah's Geburt). Für mich war dies aber nun das Zeichen, dass die letzte Phase der Geburt unmittelbar bevor stand und ich mein Baby bald in den Armen halten würde. Diese unangenehme Phase dauerte zum Glück nur sehr kurz und bereits zwei Wellen später verspürte ich einen starken Druck nach unten.

Die Hebamme wollte nochmals den Muttermund kontrollieren und sagte, dass noch ein klein wenig davon vorhanden sei und sie bei der nächsten Welle schauen müsse, ob der Kopf diesen von selbst zur Seite schieben kann oder ob sie nachhelfen muss. Ich redete während einer Wellenpause mit meinem Baby, dass wir das alleine schaffen und er nun bitte zur Welt kommen sollte damit ich ihn endlich halten kann. Bei der nächsten Welle war der Kopf dann bereits fast zur Hälfte geboren. Die unglaubliche Kraft, welche in diesem Moment bei der Geburt zu spüren war, flutete meinen ganzen Körper und mir war plötzlich sehr heiß. Armin holte einen kühlen Waschlappen und strich damit liebevoll über meine Stirn und meinen Rücken.

Anschließend folgten noch 3 weitere Wellen die sehr rasch aufeinander kamen und dann war Julian auch schon auf der Welt!

 

Ich erschrak kurz denn er war sehr blau und blieb reglos liegen. Die Nabelschnur war 2x um seinen Hals gewickelt (etwas, dass mir in diesem Moment nicht auffiel) und die Hebamme musste diese erst von ihm befreien bevor sie ihn mir auf die Brust legen konnte. Ich konnte in diesem Moment an nichts anderes denken, als mein Baby endlich in den Armen halten zu wollen.

Endlich wurde er mir auf die Brust gelegt. Er brauchte ein paar Sekunden um HIER anzukommen bevor er schrie und rosig wurde. Um 08:02 Uhr tat Julian auf meiner Brust seinen ersten Schrei. Nur 4 Stunden, nachdem zu Hause die Blase aufgegangen war.

 

Anschließend wurde uns genügend Zeit gegeben uns eingehend zu betrachten und wir wählten einen Namen aus. Da wir uns diesmal nicht sagen haben lassen, was es wird fiel uns die Namenswahl wesentlich schwerer als bei seiner großen Schwester vor 2 Jahren. Ich fragte Armin, welcher der Namen ihm am besten gefallen hätte und wir einigten uns nach kurzem Austausch auf den Namen Julian. Auch diesmal wurde ich von Geburtsverletzungen verschont (trotz eines stattlichen Kopfumfanges von 36,5cm) und fühlte mich nach der Geburt sehr fit und wohl!

Ich war unheimlich stolz auf uns drei und die unglaubliche Leistung die wir erbracht hatten.

 

Ja, eine Geburt ist ein kleiner Marathon aber mit dem richtigen Team im Rücken gut zu meistern. Ich bin wahnsinnig froh darüber, dass ich dieses Wunder ein zweites Mal erleben durfte und werde diese wunderschönen Momente immer in guter Erinnerung behalten!

 


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